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Gehirn

Alzheimer-Proteine sind auch für das gesunde Gehirn wichtig

17. June 2025 · ·

Die Amyloid-Vorläuferproteine (APP) spielen in der Alzheimer-Forschung seit Langem eine zentrale Rolle, da aus ihnen das Eiweiss Amyloid-beta entsteht, das die bekannten Alzheimer-Plaques im Gehirn bildet. Mutationen im APP-Gen können sogar direkt zu einer seltenen, familiar vererbten Form der Alzheimer-Krankheit führen. Was APP-Proteine jedoch im gesunden Gehirn genau tun, war bislang nicht gut verstanden.

Eine internationale experimentelle Studie unter Leitung von Prof. Dr. Dr. med. Marc Aurel Busche, zukünftiger Departementsleiter und Chefarzt an der Universitären Altersmedizin FELIX PLATTER und Professor für demenzielle Erkrankungen an der Universität Basel, hat nun erstmals detaillierte Einblicke in diese wichtige Frage gewonnen. Die Ergebnisse wurden aktuell in der renommierten Fachzeitschrift Cell Reports veröffentlicht.

Die Forschenden zeigten, dass APP-Proteine eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung normaler Aktivität und Funktion von Hirnnetzwerken spielen. Das Gehirn ist ständig aktiv – auch ohne äussere Reize feuern Nervenzellen kontinuierlich, was als Spontanaktivität bezeichnet wird. Diese spontane Hirnaktivität ist wichtig für grundlegende Funktionen wie Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Lernen. Ein Fehlen der APP-Proteine führte zu einer deutlich verringerten Spontanaktivität, insbesondere in wichtigen Hirnregionen wie der Grosshirnrinde und dem Hippocampus. Besonders ausgeprägt waren diese Defizite während bestimmter Schlafphasen, die für Gedächtnisbildung und Regeneration besonders wichtig sind. Diese Ergebnisse könnten gerade für aktuelle klinische Studien relevant sein, in denen therapeutische Ansätze untersucht werden, die gezielt APP reduzieren.

„Unsere Ergebnisse machen klar, dass die APP-Proteinfamilie nicht nur bei Alzheimer wichtig ist, sondern generell essenzielle Aufgaben für die normale Hirnfunktion erfüllt“, betont Marc Aurel Busche. „Es ist entscheidend, diese Funktionen genau zu verstehen, insbesondere wenn wir APP therapeutisch beeinflussen wollen.“

Ein wesentlicher Befund der Studie ist zudem, dass ein Fehlen der APP-Proteinfamilie die Funktion der sogenannten NMDA-Rezeptoren beeinträchtigt, die eine zentrale Rolle bei Gedächtnisbildung und Lernen spielen. Besonders bemerkenswert ist, dass sich diese Defizite durch medikamentöse Aktivierung der NMDA-Rezeptoren teilweise beheben liessen.

Über Alzheimer hinaus könnten die Ergebnisse der Studie auch klinische Bedeutung für weitere psychiatrische und neurologische Erkrankungen haben. APP-Proteine stehen zunehmend auch bei Autismus, Epilepsie und Schizophrenie im Fokus der Forschung. „Unsere Ergebnisse könnten daher auch helfen, besser zu verstehen, wie Veränderungen dieser Proteine zu diesen verschiedenen Erkrankungen beitragen, und so auch neue therapeutische Wege ausserhalb der Alzheimer-Forschung aufzeigen“, erklärt Busche.

An der Universitären Altersmedizin FELIX PLATTER werden die neuen Erkenntnisse nun gezielt genutzt, um die frühen Stadien der Alzheimer-Krankheit besser zu verstehen. Langfristig könnten sie entscheidend dazu beitragen, neue Methoden zur Früherkennung und Frühintervention von Alzheimer zu entwickeln, was ein zentraler Schwerpunkt des Departements ist. Die Resultate werfen ausserdem spannende Fragen im Bereich der Gehirngesundheit (Brain Health) auf: Da spontane Hirnaktivität wesentlich für ein gesundes und leistungsfähiges Gehirn ist, könnte die APP-Proteinfamilie auch allgemein zur Erhaltung der Hirngesundheit beitragen. Ob und wie APP-Proteine konkret ein gesundes, aktives Gehirn fördern, soll in zukünftigen Studien näher untersucht werden.

Die vollständige Studie ist hier verfügbar: The amyloid precursor family of proteins in excitatory neurons are essential for regulating cortico-hippocampal circuit dynamics in vivo: Cell Reports